«Nach 2000 Jahren kommt Judas zu Wort»

Judas.

Die wohl schillerndste Figur aus der Passionsgeschichte. Projektionsfläche. Sündenbock. Fleischgewordenes Synonym für «Verräter». Kollaborateur, Profiteur? Ohne «Judaskuss» keine Auslieferung Jesu, keine Passion, aber auch kein Ostern…

Im Laufe der letzten knapp zweitausend Jahre wurde der dreizehnte Apostel immer wieder zur Personifikation des Außenseiters. Und immer wieder bediente man mit dem geldgierigen Verräter antisemitische Klischees, die von etlichen Menschen zur Begründung von persönlicher wie gesellschaftlicher Ausgrenzung und Verfolgung von Jüdinnen und Juden herangezogen wurden.

Dabei steht die zerrissene Figur mit ihren Brüchen und Widersprüchen den meisten von uns wohl näher als wir uns eingestehen wollen. Es ist kaum die Andersartigkeit, die Judas Iskariot bis heute so interessant macht, als vielmehr die Nähe zu den meisten Durchschnittsmenschen, die Alltäglichkeit, mit der aus enttäuschter Wut ein Verrat wird, der eine Dynamik mit verheerenden Folgen entfaltet, die nicht mehr rückgängig zu machen sind.

Zeit, diesen widerborstigen Zeitgenossen endlich selbst zu Wort kommen zu lassen. Rechtzeitig vor Beginn der diesjährigen Passionszeit, in der das Erinnern an die Leidensgeschichte Jesu sich mit dem vielfältigen Leid unserer Gegenwart verbindet.

Die niederländische Schriftstellerin Lot Vekemans (*1965) hat einen dramatischen Monolog geschrieben, in dem Judas in einer inszenierten Show seine Beweggründe darlegt, um so seine folgenreiche Tat wieder auf ein menschliches Maß zu bringen. Damit führt er sein Publikum genau dorthin, wo es wohl lieber nicht sein möchte – zu dem Judas in sich selbst. 

Mit Ben Hergl (Judas) in einer Inszenierung von Rosa Tritschler. Eine Produktion des Chawwerusch-Theaters aus Herxheim (Pfalz).

Sonntag, 12. Februar, 17h00.

Im Anschluß Publikumsgespräch.

Freie Kollekte. Platzreservierung möglich über eventfrog.ch