Nachlese

Predigt zum 6. Sonntag im Jahreskreis – Jahr C Lesungen: Jeremia 17, 5-8; Psalm 1; Lukas 6,17.20-26

„In God we trust“ – auf Gott vertrauen wir – heisst der Wahlspruch der Vereinigten Staaten von Amerika, der auch auf den Dollar-Noten abgedruckt ist. Was für ein Bekenntnis! Und was für eine Art dieses Bekenntnis auszudrücken! Auch die Schweiz steht da nicht hinten an und drückt monetär ein Vertrauensbekenntnis aus. Sie kennen wahrscheinlich die Randprägung unserer Fünf-Franken-Münze: „Dominus providebit“, heisst es da: Gott wird vorsorgen.

Gottvertrauen steht im Zentrum der heutigen Lesung aus dem Alten Testament: Gesegnet wer auf Gott vertraut; verflucht, wer nur auf Menschen setzt und sich von Gott abwendet, verheisst uns der Prophet Jeremia. Wir können uns nicht der Frage entziehen, die dieser Text uns indirekt stellt: Zu welcher Gruppe gehöre ich? Gehöre ich zu den „gesegneten“ oder zu den „verfluchten“? Spielt Gottvertrauen noch eine Rolle in meinem Leben oder ist es schon fast verschwunden, wie der Fünflieber in Zeiten des bargeldlosen Bezahlens

Existentielle Bedeutung

Wenn wir den Text aus Jeremia genauer betrachten, sehen wir, dass diese Fragen sehr ernst gemeint sind und eine existentielle Bedeutung haben. Die Bilder, die hier verwendet werden, um die Folgen der beiden Lebensarten zu beschreiben, sind sehr ausdrucksstark: Wer sich von Gott abwendet und auf menschliche, ja vergängliche Dinge setzt, dessen Leben gleicht einer unbewohnbaren Wüste. Wer hingegen Gott vertraut, ist wie ein Baum mit tiefen Wurzeln, beschützt vor Hitze und Dürre – ein Baum, der Früchte trägt. Dieses Bild vom früchtetragenden Baum wird auch in Psalm 1 aufgegriffen.

Mich beeindruckt, wie deutlich dieser Jeremia-Text macht, dass es nicht egal ist, ob das eigene Leben vom Glauben getragen wird oder nicht. Auf wen oder auf was wir im Leben setzen, ist matchentscheidend, wenn es um unsere Erfüllung geht.

Gott ist immer treu

Auch wenn es auf den ersten Blick so scheint, möchte der Prophet uns nicht davon abbringen, unseren Mitmenschen zu vertrauen. Dieser Text verarbeitet wohl die Erfahrung einer Enttäuschung, die das Vertrauen in Menschen erschüttert hat. Und doch ist gegenseitiges Vertrauen die Basis menschlicher Beziehungen; ohne Vertrauen in den Nächsten kommen wir nicht weit, das wissen wir ganz genau und das wusste man auch zu Jeremias Zeit.

Es geht hier also um etwas anderes, nämlich um den Stellenwert, den Gott in unserem Leben einnimmt. Das Leben, das einer Wüste gleicht, ist ein Leben bei dem Gottvertrauen gar nicht oder nur an letzter Stelle kommt. Es ist die Annahme, dass wir uns selber genügen und ohne Gott ganz gut auskommen. Jeremia verarbeitet hier aber auch eine andere Erfahrung, die in der Bibel immer wieder gemacht wird: Menschen können unser Vertrauen enttäuschen, doch ist und bleibt Gott immer verlässlich und immer treu.

Die Logik der Seligpreisungen

Diese Erfahrung der Treue Gottes hat uns auch Jesus nähergebracht und sie wird uns im heutigen Evangelium mit Vehemenz verkündet. Wie wir wissen, sprach Jesus oft in Bildern und Gleichnissen. Hier, in dieser berühmten Predigt, aber nicht. Er sagt klipp und klar, was Sache ist: Selig ihr Armen, ihr Hungernden, ihr Weinenden, ihr Ausgestossenen, denn Gott ist und bleibt auf eurer Seite. Die Verlierer dieser Welt sind die wahrhaft Glücklichen, für die Mächtigen und Wohlhabenden, die nach unseren Massstäben glücklich zu schätzen sind, hat Jesus nur Wehe-Worte übrig.

Diese Verheissung ist nicht einfach nur eine Vertröstung auf eine ferne Zukunft. In ihr steckt eine klare Handlungsaufforderung. Wenn wir auf Gott vertrauen, wenn wir uns zu den Gläubigen zählen, so haben wir seine Logik, die Logik der Seligpreisungen, anzunehmen und auch danach zu handeln. Wir haben also danach zu streben Ungerechtigkeit und Ungleichheit im hier und jetzt zu bekämpfen und zur Verwicklung der Seligpreisungen beizutragen.

Glauben verpflichtet

Letzte Woche haben wir im Evangelium von einem berühmten Vertrauensakt gehört: Auf die scheinbar abstruse Aufforderung Jesu, bei Tag die Fischernetze auszuwerfen, antwortete Simon Petrus: Meister, wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen. Doch auf dein Wort hin werde ich die Netze auswerfen. (Lk 5,5) 

Nachdem sie dann, nach dem wundersamen Fischfang, alles hinter sich gelassen haben, folgten sie Jesus nach. Und nun, nach diesem Vertrauensakt, lehrt ihnen Jesus, was Nachfolge auch heisst: eine neue Mentalität anzunehmen und danach zu handeln.

Dadurch, durch unser Handeln, liebe Schwestern und Brüder, können wir Gottes Nähe bereits in der Gegenwart spürbar machen. Deshalb ist es so unsagbar wichtig, dass wir Christinnen und Christen das Vertrauen, das uns gegeben wird, nicht missbrauchen oder enttäuschen. Wir können uns dabei von Jesus selbst und von seinen Lehren inspirieren lassen. In den weiteren Kapiteln erzählt das Lukasevangelium, wie Jesus dazu auffordert, Gottes Liebe und Barmherzigkeit als eigene Handlungsmaxime anzunehmen. Nächsten Sonntag werden wir eine weitere Lehre Jesu hören, die erneut unsere Logiken auf den Kopf stellt.

Liebe Schwestern und Brüder, ich wünsche uns, dass wir den Mut haben, uns immer wieder ehrlich zu hinterfragen, wem wir in unserem Leben wirklich vertrauen, welchen Stellenwert wir Gott geben und ob sich unser Glaube auch tatsächlich in unserem Leben spiegelt. Obwohl Bargeld immer mehr aus dem Alltag verschwindet, so hoffe ich, dass wir das Vertrauensbekenntnis des Fünfliebers – Dominus providebit, Gott wird dafür sorgen ­– stets in Erinnerung behalten und dabei nicht vergessen, dass Gottes Fürsorge durch unser Handeln wirksam wird.

 Franziskanerkirche Luzern, 12./13. Februar 2022

Simone Parise

 

Weiterführende Infos:

Weiterführende Informationen zur Prägung der Fünf-Franken-Münze können diesem Dokument der eidgenössischen Münzstätte Swissmint entnommen werden:

https://www.swissmint.ch/dam/swissmint/de/dokumente/dokumentation/numis-berichte/dominus-providebit.pdf.download.pdf/dominus-providebit.pdf

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