Trauer: Original statt Kopie

«Geisterfahrer» können uns ganz schön ins Stru-deln bringen. Ähnlich ist es mit verdrängter Trauer.
Foto: istockphoto/Dirk von Mallinckrodt
«Geister - dem Übernatürlichen auf der Spur» heisst die aktuelle Ausstellung im Kunstmuseum Basel. Darin geht es unter anderem um die Kontaktaufnahme der Lebenden mit den Toten - und umgekehrt. Hierzulande gibt es die Tendenz, die Totenasche nicht zu bestatten, sondern in Alltagsnähe aufzubewahren. Mittels Künstlicher Intelligenz erstellen findige Unternehmen (vrl. in den USA) digitale Audio- und sogar Video-«Kopien» von Verstorbenen und Schwerkranken - um sie für ihre Angehörigen zu «erhalten».
Verlust verarbeiten oder verdrängen?
Die drei oben erwähnten Beispiele zeigen, wie Menschen in verständlicher Weise versuchen, den Verlust ihrer Liebsten zu verarbeiten beziehungsweise zu verdrängen. Trauerexpert:innen geben zu bedenken, dass solche «Pseudopräsenz» Verstorbener den Trauerprozess erschweren oder gar verunmöglichen können. Grund dafür ist, dass die schmerzhafte, aber notwendige Akzeptanz des Verlustes umgangen oder eben verdrängt wird.
«Geistliche» Verbundenheit
Beim Trauern geht es nicht ums «Loslassen». Niemand gibt Geliebtes aus der Hand. Es geht vielmehr ums «Aufgehoben wissen»: Das Gefühl, dass die verstorbene Person weder für sich noch für uns «verloren» ist, sondern vergleichbar vielleicht mit dem Auszug eines Kindes von zuhause. Genau dieses Gefühl (oder eben den Glauben) feiern wir Anfang November: Den Glauben daran, dass unsere Liebsten heimgekehrt sind zur gemeinsamen göttlichen Quelle - und dass sie auf diese Weise mit dem Fluss des Lebens (auch unserem) verbunden bleiben. Diese Verbindung geht über blosse Erinnerungen und Kopieversuche hinaus, weil sie nicht «geistermässig», sondern «geistlich» ist.
